-„Endlich unabhängig sein“-, so lautet der Wunsch vieler Teenager. Sie haben es leid, ständig zu Fuß oder Bus und Bahn ihren „Terminen“ nachzukommen. Schließlich kann Mutti oder Vati ja nicht immer fahren. Da kommt doch gerade der Führerschein mit 17 Jahren richtig. Aber leider handelt es sich hierbei nur um ein begleitetes Fahren, bei dem mindestens ein erfahrener Autofahrer neben dran sitzt, sodass die „Freiheit“ nur begrenzt ist.
Seit dem ersten Januar 2011 ist es per Gesetz für ganz Deutschland beschlossen: Nach positiven Erfahrungen durch bundesweite Modelversuche, hat der Gesetzentwurf von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) breite Zustimmung in Bundestag und Bundesrat gefunden. Beschlossen worden ist, dass Jugendliche schon mit 16,5 Jahren in die Fahrschule gehen dürfen. Nach der Prüfung und Erreichen des 17. Lebensjahres ist es dann soweit: Sie dürfen sich „eigenständig“ mit Begleitperson hinters Steuer zu setzen.
Voraussetzungen und Bestimmungen
Grundlegende Voraussetzung ist eine erfahrene Begleitperson. Doch als erfahren zählt mehr dazu, als 20 Jahre Autofahrer zu sein. Durch die relativ strengen Voraussetzungen an die Begleitperson, kann es schon mal passieren, dass der eigene Vater oder die eigene Mutter nicht zugelassen werden.
Der erfahrene Beifahrer, muss den Führerschein der Klasse B mindestens fünf Jahre lang besitzen, und älter als 30 Jahre sein. Hinzu kommt, dass Sie anfangs nicht mehr als drei Punkte bei dem Verkehrszentralregister in Flensburg haben durften. Dies galt bis zum 30.04.2014. Ab dem 01.05.2014 wurde das Ganze verschärft und gilt bis heute an, sodass aktuell als Begleitperson nur eingetragen wird, wer nicht mehr als 1 Punkt im Fahreignungsregister (ehemaliges Verkehrszentralregister) hat. Schon an dieser Stelle kann es bei Einigen kritisch werden, die glauben als Begleiter geeignet zu sein.
Es ist also nicht möglich, sich spontan für eine x beliebig begleitende Person zu entscheiden, die nicht als begleitender Fahrer eingetragen wurde. All diese Bestimmungen gelten nur in der Bundesrepublik Deutschland, sodass entlastende Fahrerwechsel auf langandauernden Urlaubsreisen ausgeschlossen bleiben. Einzige Ausnahme ist hier Österreich.
Auch für den Fahrer selbst gelten besondere Regelungen und Bestimmungen: Für den jungen Fahrer gilt nicht die übliche 0,5 – Promille- Grenze sondern das 0,0 Limit. Interessant zu wissen ist noch, dass sich die Begleitperson nicht unbedingt auf dem Beifahrersitz befinden muss. Es ist ihr auch gestattet auf einem der Rücksitze Platz zu nehmen, um von dort aus als Berater zu dienen. Aktiv eingreifen, zum Beispiel durch helfen beim Schalten, darf sie definitiv nicht.
Vor und Nachteile
Der Führerschein mit 17 wurde eingeführt, nachdem die vorher durchgeführten Modellversuche überall zeigten, dass das „vorzeitige“ Fahren nur Vorteile für Führerscheinneulinge wie auch für die übrigen Verkehrsteilnehmer hat. Die Untersuchungen konnten eindeutig feststellen: Jugendliche, die ihren Führerschein schon ein Jahr früher absolviert haben, sind viel sicherer und bauen weniger Unfälle als Fahranfänger mit 18 Jahren, die ohne einen erfahrenen Führerscheininhaber unterwegs sind. Gleiches gilt für Verkehrsverstöße wie zu schnelles Fahren und vieles mehr. Erklären lässt sich diese positive Erkenntnis damit, dass die Begleiter jederzeit nicht nur mit Rat dem Fahranfänger zur Seite stehen, sondern auch schon vor dem Eintreten gefährlicher Situationen den Fahrer darauf aufmerksam machen und abhalten können. So kann zum Beispiel der Begleiter den Fahrer warnen, jetzt gerade nicht zu überholen. Auch wenn der Führerscheinneuling dies wissen sollte, sieht dies in der Praxis ganz anders aus, da die Routine im Einschätzen gerade von gefährlichen Situationen noch nicht wirklich ausgebildet ist. Umfragen der Fahranfänger bestätigen, dass Sie sich einfach sicherer fühlen, wenn neben dran ein routinierter Autofahrer sitzt. Weiterhin kann ein frühzeitiges Fahren auch zu finanziellen Vorteilen führen. So bietet speziell der ADAC für junge Führerscheininhaber eine spezielle Autohaftpflichtversicherung an, die nicht wie üblich für Fahranfänger bei 240 % beginnt, sondern sofort bei 100 % (sofern ihr Fahrzeug nicht mehr als 115 PS besitzt und nicht älter als 12 Jahre der Erstzulassung ist). Obligatorisch ist, dass sie am begleitenden Fahren teilgenommen haben, um die Vergünstigungen der ADAC-Haftpflichtversicherung zu erhalten. Wenn die Fahranfänger zusätzlich ein Fahrsicherheitstraining absolvieren, erhalten sie dieses zu Sonderkonditionen und bekommen einen zusätzlichen Bonus bei der Clubhaftpflichtversicherung.
Sicherheitstrainings
Sicherheitstrainings aller Art sind nicht nur für angehende Autofahrer interessant, sondern auch für ältere Personen. Der Fokus liegt hier besonders auf Extremsituationen, bei denen das schnelle Reagieren eine wichtige Rolle spielt. So werden hier speziell kritische Situationen simuliert, um das Verhalten darauf einzuüben. Beispielsweise lernen die Teilnehmer wie sich ihr PKW bei plötzlich auftretenden Wasserhindernissen verhält. Sie erfahren so, was es heißt, plötzlich zu bremsen und wie schnell man sich bei seinem eigenen Bremsweg verschätzen kann. Zudem bekommen Sie mitgeteilt, wie leicht äußere Einflüsse, (zu laute Musik, Handygespräche) das Fahrverhalten beeinflussen können. Neben dem Erkenntnisgewinn kommt der Spaß durch die praktischen Übungen nicht zu kurz. Auch der Erfahrungsaustausch zwischen Gleichaltrigen ist nicht zu unterschätzen.
Begleitetes Fahren europaweit?
Begleitetes Fahren hat sich in Europa noch nicht durchgesetzt. Nur Österreich erkennt den vorzeitigen Führerschein aus Deutschland an. In allen anderen Ländern darf daher ein 17. Jähriger nicht fahren. Fährt er trotzdem bedeutet dies – Fahren ohne Führerschein -. Eine harte Bestrafung ist die Konsequenz. Es gibt zwar in Irland und Großbritannien die Möglichkeit mit 17 Jahren ein PKW zu führen, allerdings dann nur mit einer vollgültigen Fahrberechtigung. Genau dies ist aber das begleitete Fahren in Deutschland nicht. Erst mit Eintritt der Volljährigkeit, kann die vorab erteilte Fahrlizenz (= Prüfbescheinigung) in einen vollgültigen Führerschein eingetauscht werden, wobei die entsprechenden Probezeit zu beachten ist. Das heißt: Kommt es in der Probezeit zu keinen Verstößen oder Unfällen erhält der Führerscheininhaber anschließend eine uneingeschränkte Erlaubnis.
Fazit und Zusammenfassung
Insgesamt ist das begleitete Fahren eine Erfolgsstory. Die Unfallzahlen als auch die Verkehrsverstöße verringerten sich deutlich. Die Neulinge fühlen sich sicher und fühlen sich in der Regel durch den Begleiter nicht bevormundet. Hinzu kommt, dass die übrigen Verkehrsteilnehmer, so die Statistik, weniger gefährdet sind. Auch die Eltern der Jugendlichen lassen ihre Kinder mit einem besseren Gewissen fahren, wenn sie davor ein Jahr mit ihnen gemeinsam unterwegs waren. Um den Fahrspaß perfekt zu machen fehlt nur noch das eigene Auto.
Bis allerdings das Deutsche Erfolgsmodel „Fahren in Begleitung“ in ganz Europa umgesetzt ist, wird wohl dagegen noch etwas Zeit verstreichen müssen.